Die Geschichte der Strumpfhose
Die moderne Feinstrumpfhose wurde in den 1960er Jahren mit dem Minirock so richtig bekannt. Aber eigentlich gibt es Strumpfhosen schon viel länger: Im 15. Jahrhundert waren sie weit verbreitet. Und nochmal ein Jahrhundert früher sollen sie heftige Emotionen ausgelöst haben. Laut einer zeitgenössischen Novelle verstummte im Jahre 1390 ein Redner im Rat von Florenz, als er auf einer Wandmalerei Männer in Strumpfhosen erblickte. Der Redner war entsetzt und schimpfte „Der Henker hole den Maler!“. Doch schon innerhalb des nächsten Jahrzehnts kam das hautenge Herren-Beinkleid vor allem in Italien schwer in Mode. Die Beinlinge, wie sie damals genannt wurden, trugen die Herren gern auch mehrfarbig. Im Jahr 1400 gründete sich in Venedig sogar eine „Compagnia della calza“, eine Strumpfgesellschaft aus jungen Herren. Besonders diese Altersgruppe schätzte damals die Strumpfhose als Möglichkeit, um ihre Männlichkeit zu betonen. Als Materialien kamen damals Wolle oder Seide zum Einsatz. Der Hosenansatz stammt ursprünglich aus der Garderobe der mittelalterlichen Spielleute, der Landsknechte und der Dienstmänner, deren Strümpfe die Wappenfarben ihrer Herrschaften aufwiesen, so der Kunsthistoriker Philipp Zitzlsperger.
15. Jahrhundert: Frauenbeine waren Tabu
Im Laufe des 15. Jahrhunderts wurden die Beinlinge immer länger, bis man sie nur noch oben am Ansatz zusammennähen musste, um eine Strumpfhose zu kreieren. Allerdings waren damals Strumpfhosen Männern in höheren Kreisen vorbehalten. Wer es sich leisten konnte, trug sie aus Seide, sonst aus gröberem Gewirk. Die Beine der Frauen zu zeigen, war hingegen ein absolutes Tabu zu jener Zeit. Sie verbargen ihre Beine unter langen Kleidern. Ende des 15. Jahrhunderts verschwand die Strumpfhose wieder aus dem öffentlichen Erscheinungsbild.
Im 17. Jahrhunderts erreichten die Hosen der Männer wieder Knielänge, weshalb die Strümpfe nun auch ohne Befestigung an der Unterhose hielten. Ende des 18. Jahrhunderts kehrte die Strumpfhose als Herren-Unterhose (Pantalons) zurück. Bis ins 19. Jahrhundert hinein wurden Kniebundhosen darüber getragen. Sogar Napoleon ging 1812 mit der Strumpfmode. Zuvor hatte die Französische Revolution die Modewelt verändert. Die zahllosen Matrosen und Hafenarbeiter, die aus Marseille nach Paris kamen, brachten nicht nur die heutige Nationalhymne mit, sondern auch eine recht grobe Mode. Sie trugen knöchellange Hosen und bildeten somit einen starken Wiederspruch zu den mit Strümpfen getragenen Kniebundhosen des Adels und des gehobenen Bürgertums, der sogenannten Culotte. Die Revolutionswächter nannten sie abwertend „Sansculotten“ – die ohne Kniehose. Viele wollten sich allerdings nicht offensichtlich als Konter-Revolutionär outen und passten sich somit an. Die schlecht gekleideten Proletarier revolutionierten somit auch die Modewelt. Und vor allem: Die durch die Revolution auch modisch befreiten Frauen entdeckten die Strumpfhose für sich.
19. Jahrhundert: Hauchdünne Seidenstrümpfe
Ende des 18. Jahrhundert breitete sich die Strumpfhose immer mehr in der Frauenwelt aus. Sie wurden im 19. Jahrhundert zunächst durch Seidenstrümpfe abgelöst, die mit Bändchen befestigt werden mussten. Von dort war noch ein langer Weg zu dem, was wir heute als Feinstrumpfhose kennen. Hauchdünne Seidenstrümpfe waren für die Masse zu teuer und reine Naturfaser schmiegte sich nicht hauteng ans Bein an, sondern schlug Falten. Die Männer hatten sich zu dieser Zeit stark von der Strumpfmode abgewandt, während sie Frauen in Strumpfhosen zunehmend attraktiv fanden. So wurde Marlene Dietrich als hauteng bestrumpfter „Blauer Engel“ (1930) zum Inbegriff der Femme Fatale.
Ein revolutionärer Schritt gelang 1935 dem US-Chemiker Wallace Hume Carothers: Er entwickelte die Nylonfaser, aus der ein paar Jahre später der US-Konzern DuPont die ersten Nylonstrümpfe herstellte – mit gigantischem Erfolg. Binnen kürzester Zeit wurden in den USA Millionen Paar Nylons verkauft. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden Nylonstrümpfe auch in Deutschland so richtig bekannt. Die Strümpfe waren im kriegszerstörten Deutschland als Parallelwährung ähnlich beliebt wie Zigaretten. Viele Frauen konnten sich die Strumpfhosen noch nicht leisten, deshalb griffen sie oft zur Farbe und malten die Naht der Strumpfhose mit Kajalstift auf die Rückseite ihrer Beine auf. Tänzerinnen waren damals die ersten, die seit den 20er-Jahren Strümpfe mit Unterhosen vernähten. Allerdings kamen die ersten richtigen Strumpfhosen aus synthetischem Material erst Ende der 1950er auf den Markt.
1958: Geburt der Feinstrumpfhose
1958 war die Geburtsstunde der ersten richtigen Feinstrumpfhose in Frankreich. 1937 wurden nämlich neue strapazierfähige Fasern (Polyamid und Perlon) erfunden. Durch diese Fasern und die Weiterentwicklung der Textilmaschinen war es nun möglich, Nylonstrümpfe mit Höschenteil in Massenfertigung herzustellen. Die maschinelle Fertigung mit Zwickel stellte aber weiterhin eine Herausforderung dar. 1959 gelang das erstmals einer US-Firma mit ihrer panty hose. Eine neue Herausforderung ergab sich allerdings schnell, da Frauen nun Strumpfhosen ohne Naht wollten. Was einst als verrucht galt, war plötzlich out. Die nahtlose Fertigung zwang die Industrie zu einer teuren Umstellung auf neue Maschinen. Außerdem verabschiedete sich die Strumpfindustrie vom Wunsch, die Strumpfhose noch einmal groß in der Herrenmode zu etablieren.
Erst Ende des 20. Jahrhunderts trugen Frauen auch farbige Strickstrumpfhosen als modisches Accessoire. In den 80er Jahren, mit dem Aufkommen von Punk und New Wave, starteten Hersteller und Designer eine Modeoffensive. Strumpfhosen kamen in aggressiven Farben, knallbunt, gepunktet, gestreift oder mit Paisley-Muster auf den Markt. Wer besonders mutig war, provozierte zusätzlich mit Netzstrümpfen über der schon sehr auffälligen Strumpfhose. Auch wenn heute nicht mehr alle Frauen täglich eine Strumpfhose tragen, hat sie sich längst als unverzichtbarer Alleskönner für unterschiedlichste Anlässe etabliert. Kaum ein anderes Kleidungsstück ist stilistisch so vielseitig wie Strümpfe und Strumpfhosen, kaum ein anderes Accessoire lässt sich dank seiner Fülle an Farben, Mustern und Designs so spielerisch und elegant kombinieren. Strumpfhosen sollten superbequem und viel zu schön zum Verstecken sein: Das ist die Devise des Münchner Legwear-Labels Too Hot To Hide. Seit 2016 schreiben wir an der stolzen Geschichte dieses tollen Teils mit viel Liebe mit.
Quellen der historischen Informationen: MDR, Spiegel Online, Ajoure.de, Ratgeber und Hilfe.de
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